Der Mensch braucht Erzählungen.
Die große alte Erzählung des christlichen Abendlandes war und ist die Bibel. Diese Erzählung von Gott ist nicht mehr zeitgemäß und entspricht nicht den wahren Werten der westlichen Gesellschaften. Eine neue, aber nicht ganz neue Erzählung wird gesucht. Sie sollte von historischen Ereignissen und von den Ideen berichten, die den Westen geprägt und geformt haben.
Theologen, Politiker und Journalisten behaupten immer wieder, daß unsere Gesellschaft und Kultur auf christlichen Werten beruhe. Nichts ist unrichtiger als diese unredliche Behauptung. Die Werte, die für moderne Rechtsstaaten und Gesellschaften konstitutiv sind – Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die Menschenrechte, die Freiheit der Meinungsäußerung, der Wissenschaft, der Kunst, die Demokratie etc. - entstammen nicht dem Christentum. Diese Werte wird man vergeblich in der Bibel suchen. Sie wurden im Zeitalter der Aufklärung gegen den erbitterten Widerstand von Krone und Altar deklariert und erkämpft.
Liber läßt einige weniger bekannte Mitstreiter dieses Kampfes selbst zu Wort kommen.
Die Bücher im Liber sind bedeutende Grundschriften der Aufklärung. Da die Aufklärung nicht statisch oder abgeschlossen, sondern ein dynamischer Prozeß ist, der auch in Zukunft voranschreiten wird, kommen nicht nur Autoren des 18. Jahrhunderts, sondern auch Autoren der Antike und des 19. und 20. Jahrhunderts zu Worte. Dabei wurden ganz bewußt vor allem weniger bekannte Autoren berücksichtigt. In Deutschland sind viele dieser Werke weitgehend unbekannt.
Dies ist u.a. auch auf die vielbeschworene christliche Kulturtradition zurückzuführen, die mit ihrer Hinwendung zur Romantik und der Rückwendung ins frühe Mittelalter im 19. Jahrhundert dazu beigetragen hat, daß die Werte der Aufklärung in Deutschland vehement abgelehnt, verunglimpft und verachtet wurden.
Erst nach der Niederlage im 1. Weltkrieg erhielten diese Ideen im Deutschland der Weimarer Republik eine erste Chance. Kirche, Adel, Militär, Beamte, der Mittelstand und Kleinbürger lehnten sie jedoch ab und riefen nach einem starken Mann, der Deutschland retten und rächen sollte. So kam es zur Katastrophe des Dritten Reiches, in dem diese Werte nichts galten. Der 2. Weltkrieg mit ca. 50 Millionen Toten war die Folge.
Ein letzter katastrophaler Höhepunkt der jüdisch-christlichen Abendlandtradition war die Judenverfolgung und der Holocaust, der allein 6 Millionen Menschenleben vernichtete.
Der viel hinterfragte deutsche Sonderweg ist also relativ leicht zu erklären: Ursache war die entschiedene Ablehnung der Ideen der Aufklärung. Ein Umdenken fand erst nach der totalen Zerstörung Deutschlands und der totalen Niederlage im 2. Weltkrieg statt.
Die westlichen Siegermächte sorgten dafür, daß in der Bundesrepublik ein vorbildliches Grundgesetz in Kraft trat und eine freiheitliche Demokratie geschaffen wurde, die den Werten der Aufklärung verpflichtet ist. Die Deutschen Bürger haben ihre Lektion gelernt, es bedurfte dafür aber zweier Weltkriegskatastrophen.
Die Bürger der DDR mußten jedoch erst die friedliche Revolution im Jahre 1989 vollbringen, ehe auch sie in den Genuß von Menschen- und Freiheitsrechten kamen.
Die meisten wissen nicht, wem sie diese Rechte verdanken. Sie sollten deshalb Liber lesen, um die wahren Helden der Geistesgeschichte kennenzulernen. Unter den deutschen Fürsten, Dichtern und Denkern, Politikern und Theologen werden sie kaum fündig werden.